Präsident Trump

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Countdown zur Apokalypse

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Bewegt den Zeiger der Weltuntergangs-Uhr ein Stück vorwärts.

Wir hatten recht damit, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln, aber wir lagen falsch mit dem Zeitrahmen. Wir dachten Clinton würde die Wahl gewinnen und würde erst anschließend in Misskredit geraten – durch neue Skandale und die Herausforderung, einen zunehmend unbeliebten Status Quo aufrechtzuerhalten, der eine reaktionäre Welle hervorgebracht hätte, wie diejenige, die kürzlich Dilma in Brasilien stürzte. Stattdessen brach der Skandal noch vor der Wahl hervor, mit der Ankündigung weiterer FBI-Untersuchungen bezüglich E-Mails, die in Zusammenhang mit Clinton stehen. Und wie bei der Brexit-Wahl haben alle unterschätzt, wie verzweifelt und reaktionär die Bevölkerung geworden ist – zumindest diejenigen, die sich immer noch soweit mit der herrschenden Ordnung identifizieren, dass sie wählen gehen. Es ist später als ihr denkt.

Es ist bezeichnend, dass das Ereignis, das Trumps Präsidentschaftskandidatur gerettet hat, im Wesentlichen das Einmischen des FBIs war. Dies sagt uns eine Menge über das Zeitalter, in das wir eintreten: Es ist der Sicherheitsapparat des Staates, der das Sagen hat, nicht die Aspekte der Regierung, die vorgeben das Leben der Bürger*innen zu verbessern. Der Kapitalismus, seit langem stabilisiert in der sogenannten Ersten Welt durch die Kompromisse, die die Mittelschicht erschufen, wird von nun an gewaltsam auferlegt. Der Überfluss des 20. Jahrhunderts ist zur Neige gegangen. Der samtene Handschuh wird von der eisernen Faust gezogen. Selbstverständlich werden Populist*innen wie Trump und Sanders uns weiterhin alle vier Jahre das Blaue vom Himmel versprechen, aber es werden keine Friedensverträge sein, die die allgemeine Ordnung bewahren werden – es wird die Polizei sein.

Nachrichten wie diese müssen Verzweiflung erzeugen, aber wir dürfen nicht zulassen, dass diese Wahl uns unseren Glauben an die gesamte Menschheit verlieren lässt. Wahlen dienen dazu, uns gegenseitig das Schlimmste voneinander zu zeigen, indem die widerwärtigsten, feigsten und unterwürfigsten Aspekte unserer Spezies herausdestilliert werden. Viele Menschen, die niemals persönlich eine Mutter von ihren Kindern wegreißen würden, sind in der Privatsphäre der Wahlkabine fähig, Abschiebungen zu unterstützen. So wie die meisten Menschen, die Fleisch essen, niemals in einem Schlachthaus arbeiten könnten. Wäre da nicht die Distanzierung, die Charaktermerkmal einer Regierung an sich ist, könnten die meisten der hässlichen Grundsätze, aus denen sich die Trump Agenda zusammensetzt, niemals umgesetzt werden.

Präsidentschaftskampagnen sind darauf ausgelegt, Apathie zu begünstigen, indem sie den Eindruck vermitteln, dass alle wichtigen Entscheidungen dieser Welt nicht in unseren Händen liegen. Das ist der Sinn von staatlicher Politik: Uns außerhalb der Säle der Macht ruhig zustellen, indem wir einander und uns selbst misstrauen.

Heute müsste selbst der gesetzestreueste Liberale realisieren, dass wir nicht weiter von der Seitenlinie aus zuschauen können. Dem Spektakel der Machtlosigkeit müssen wir unsere eigene Handlungsmacht entgegenstellen. Doch zu welchem Zweck? Sicherlich nicht, um schon wieder eine neue politische Kampagne auf die Beine zu stellen. Wir müssen größer denken.

Das grundlegende Problem ist in erster Linie, dass Macht in solch vertikalen Konzentrationen strukturiert ist. Wenn die*der Präsident*in der Vereinigten Staaten nicht einen so unverhältnismäßigen Einfluss auf das Schicksal der Menschheit ausüben würde – wenn der freie Markt Geschäftsleute nicht ermächtigen würde, so viel Einfluss auf die Gesellschaft anzuhäufen – dann könnte Donald Trump nicht so gefährlich sein, wie verabscheuungswürdig auch immer er ist.

Diejenigen aus der Linken, die auf dem naiven Glauben beharrten, dass die richtige Regierung die Probleme lösen könnte, die durch den globalen Kapitalismus verursacht werden, sind zum Teil Schuld an dieser Situation. Die Demokrat*innen waren töricht, eine Kandidat*in des Establishments zu unterstützen, in einer Zeit, in der so viele Menschen verzweifelt, wütend und aufständisch sind. Indem sie die Idee legitimierten, dass Amerika groß ist oder sein sollte, ebneten sie den Weg für Trumps Versprechen, es wieder groß zu machen. Jeder Steuer-Dollar, den gute Liberale an die Regierung zahlten in der Hoffnung, dass dieser sich um die Armen, Kranken, Alten und Unterprivilegierten kümmert, hat die Dampfwalze gebaut, die nun über ihre bürgerlichen Rechte rollt. Jedes Gesetz, das sie weiter befolgen, wird diesen Prozess befördern und antreiben. Und wenn die Medienvertreter*innen und Politiker*innen, die Trump als Kandidaten der Apokalypse verschrien haben, ihn nun im Namen des demokratischen Prozesses akzeptieren, bestätigt das nur ihre Kompliz*innenschaft.

Das Problem ist die Demokratie an sich: Die Regierungsform, die Adolf Hitler in sein Amt brachte. Als Antwort auf die Wahlen erklären wir, dass niemensch das Recht haben sollte über irgendwen zu regieren. Weder Donald Trump noch Barack Obama noch Mutter Theresa könnten jemals solch eine Macht für Gutes nutzen. Wir müssen horizontale Strukturen schaffen und autonome Bewegungen, die unsere Bedürfnisse direkt erfüllen, statt weiterhin Strukturen mit Ressourcen zu füttern, die zum Vorteil einiger Weniger gegen uns verwendet werden.

Lasst uns nach den Silberstreifen in der Wolke aus entgegenkommenden Tränengas suchen. Vielleicht ist es besser, dass einer wie Trump jetzt an die Macht kommt und nicht erst in vier Jahren. Lasst den rechten Flügel demonstrieren, dass ihre Lösungen genauso unzureichend sind wie die von der Linken vorgeschlagenen. In einer Zeit der ökonomischen Krisen, des ökologischen Zusammenbruchs, von sich ausbreitenden Kriegen ist der Staat eine heiße Kartoffel: Keine*r wird in der Lage sein, sie lange zu halten. Diejenigen, die Trump gewählt haben, werden in der Tat enttäuscht werden, wenn sie tatsächlich glauben, dass er die Blütezeit des fordistischen Kapitalismus in eine globalisierte Welt zurückbringen wird.

Selbstverständlich werden desillusionierte Trump-Wähler*innen sich nicht zwangsläufig unseren Reihen anschließen. Wahrscheinlich werden sie sich weiter nach rechts bewegen, so wie Sanders‘ Unterstützer*innen sich vielleicht einfach tiefer in aussichtslosen und antiquierten Fantasien eines Sozialismus des 20. Jahrhunderts vergraben werden. Wir sollten uns aufmachen, die Argumente von beiden Seiten zu entlarven, offen für den Dialog mit allen, mit denen es möglich ist, während wir uns auf den offenen Konflikt mit denjenigen vorbereiten, die entschlossen sind, eine noch totalitärere Welt herbeizuführen.

Wir dürfen die Entrüstung, die die Menschen heute fühlen, nicht zu einer Hoffnungslosigkeit werden lassen, die zur neuen Normalität werden könnte. Nur indem wir aktiv werden, wie klein auch immer diese Aktionen sind, können wir zu einem Gefühl für unsere kollektive Handlungsmacht kommen. Nun ist die Zeit, um die Bande zu stärken zwischen den kämpfenden Gemeinschaften und denen, die am meisten betroffen sein werden von Trumps Politik. Dies ist die Zeit, sich endgültig von der Hoffnung auf irgendwelche Lösungen von oben zu lösen, von der Hoffnung auf irgendeine strahlenderere Zukunft, die unabhängig ist von unseren Handlungen, die wir tagtäglich in unserer unmittelbaren Umgebung unternehmen. Es ist an der Zeit, sich richtige Online-Sicherheit anzueignen und zu praktizieren – wer weiß, wie weit die repressiven Handlungen des Staates gehen werden oder wie schnell.

Es wird neue soziale Bewegungen geben, neue Aufstände, neue Kämpfe liegen vor uns. Es ist an der Zeit, sich gegenseitig zu finden und sich vorzubereiten, um entschieden in diese einzutreten.

Säe die Saat, sogar im Schlund des Vulkans. Viel Glück da draußen, Gefährt*innen.

Von: b. traven (CrimethInc. Ex-Workers‘ Collective) / Übersetzung: Raupe / erschienen in der Gai Dao